Aufnahmezimmer

[Joanna Sanchez]

Noch einmal versuchte diese nervige Frau sie zu belehren. Diesmal damit, dass sie wohl schon bald erleben würde wie schlimm es sein würde, wenn jemand auf Entzug war. Aber das würde man ja sehen. Wenn es ihr nach ging, dann würde sie diese Erfahrung auf gar keinen Fall machen. Zumal man ja gerade Zigaretten an fast jeder Ecke bekommen konnte. Also ließ sie die Frau einfach reden und hörte nur noch mit halben Ohr zu.

Auch auf die Anmerkung, dass sie hier nicht weggesperrt werden sollten, sondern auf das Leben vorbereitet werden sollten, reagierte sie nicht im geringsten. Zumal sie immer wieder schon einige Zeit mit ihrem Bruder auf der Straße verbracht hatte und dabei sehr wohl auf sich und Juan hatte aufpassen können.

Den Werkzeugkasten und das Bild erhielt sie dann wirklich wieder zurück. Und Elizabeth machte sogar noch den Vorschlag im Werkunterricht einen Rahmen für das Bild zu machen. Eine schlechte Idee war das nicht. Mal sehen ob sie auf ihn ein gehen würde.

Als die Frau sie dann auf einmal aufforderte mit ihr zur Krankenstation zu gehen, war Joanna zunächst leicht verwirrt. Wieso kümmerte sie sich denn nicht erst noch um Fey? Fragend sah sie zur ihrer Freundin. Doch sie schien auch nicht zu wissen was nun los war. Sie überlegte schon, ob sie sich erneut beschweren sollte, entschied sich allerdings dagegen, weil sie langsam keine Lust mehr hatte. Sie wollte eigentlich nur noch fertig mit diesem ganzen Mist werden und endlich ihre Ruhe haben. „Wir sehen uns später. Hoffe ich zumindest.“, rief sie ihrer Freundin zu. Anschließend folgte sie Liz hinaus auf den Flur. „Und was geschieht jetzt? Ich meine ich fühle mich eigentlich nicht krank. Können wir den Mist mit der Untersuchung dann nicht einfach ausfallen lassen?“, musste sie jetzt doch wieder ein wenig protestieren. Aber es war halt einfach ihre Art sich nicht alles so einfach gefallen zu lassen.

[Elizabeth West]

Erneut hinterfragte Joanna jede ihrer Anweisungen und sagte klar und deutlich, dass sie nicht untersucht werden wollte. Wenn sie erst erfahren würde, warum sie die Untersuchung durchführten, dann würde sie sich wahrscheinlich noch mehr weigern. Aber auch wenn die Untersuchung etwas war, wovor Elizabeth ihre Schüler gerne bewahren würde, war auch diese Tätigkeit notwendig um die anderen Schüler und auch den Neuen vor Drogen und anderen Dingen zu schützen. Elizabeth konnte gar nicht aufzählen, wo sie schon überall Drogen gefunden hatten und irgendwie schienen die Schüler sich immer kreativere und leider auch gefährlichere Verstecke aufzusuchen. Nachdem mittlerweile an Flughäfen immer wieder Drogenschmuggler gefasst wurden, die ihre süchtig machenden Pulver im Magen transportierten, wartete sie eigentlich nur noch darauf, dass auch irgendein drogenabhängiger Schüler auf diese Idee kam. Da Joanna aber, wenn ihre Akte korrekt war, nur Zigaretten liebte, würden sie dieses Problem bei ihr hoffentlich nicht haben.

„Amber, passt du bitte auf Fey auf, während ich Joanna zur Krankenstation bringe?“, rief sie ihrer Kollegin zu, während sie weiterhin Fey im Auge behielt. Erst als Amber zu Fey ins Aufnahmezimmer gegangen war, wandte Elizabeth sich ab und machte sich auf den Weg zur Krankenstation.

„Komm bitte mit.“, bat sie ihre Schülerin und beantwortete anschließend Joannas Frage.

„Nein, das können wir nicht. Es mag ja sein, dass du dich vollkommen gesund fühlst, aber wir gehen lieber auf Nummer sicher. Für den Fall, dass irgendwann einmal etwas geschehen sollte, ist es gut, wenn unsere Krankenstation deine Blutgruppe kennt. Außerdem müssen wir auch wissen, ob du völlig gesund bist, damit wir einschätzen können, ob du von Anfang an bei allen sportlichen Aktivitäten teilnehmen kannst oder ob du bei irgendetwas vorsichtig sein musst. Ich denke, das dürfte verständlich sein, oder?“, fragte sie sie und verschwieg erst einmal, dass sie, während die Untersuchung stattfand, auch Joannas Kleidungsstücke durchsuchen würden. Das würde sie ihr erst sagen, wenn sie auf der Krankenstation waren und Joanna es zumindest akzeptiert hatte, dass sie eine Untersuchung über sich ergehen lassen musste.

[Joanna Sanchez]

„Na gut.“, antwortete Joanna genervt, als Elizabeth sie nochmals aufforderte mitzukommen. Gemeinsam verließen sie das Verwaltungsgebäude und gingen hinüber zu einem anderen Gebäude. Das war vermutlich die Krankenstation. Na ja, diese blöde Untersuchung würde sie jetzt auch noch überstehen.

Während die Frau ihr auf dem Weg auf ihre Frage antwortete, nutzte Jo die Zeit lieber um sich noch ein wenig umzusehen. Direkt neben der Einfahrt schien der Wald zu beginnen. Eine gute Voraussetzung um sich dort zu verstecken und zu beobachten welche Lieferanten in der Schule ein und aus gingen. Außerdem konnte sie dabei auch die Personen sehen, die die Autos fuhren und sich den aussuchen, bei dem es am wahrscheinlichsten war, dass er ihr ein paar Zigaretten besorgen würde. Gleich morgen früh würde sie sich in dem Wald neben der Einfahrt auf die Lauer legen.

„Ja klar. Hab schon verstanden.“, schoss es aus ihr heraus, als sie bemerkte, dass die Betreuerin mit ihrer Rede zu Ende war. Allerdings hatte sie nur noch den letzten Satz einigermaßen mitbekommen. Das andere was sie gesagt hatte jedoch nicht. Aber vermutlich war es eh nicht besonders wichtig gewesen. Und wenn doch, dann wiederholte sie es bestimmt später noch einmal.

TBC: Krankenstation